Die Welt" brachte als Schlagzeile am 17.9.2013:
Westen macht Assad für Nervengas verantwortlich
und berichtete:
Der Chemiewaffen-Bericht nennt nicht den Schuldigen. Aber für die USA, Großbritannien und Frankreich gibt es keinen Zweifel, dass das Assad-Regime Sarin im Bürgerkrieg in Syrien eingesetzt hat
.
Auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung vom 17.9.2013 schrieb Paul-Anton Krüger unter der Überschrift: UN: In Syrien wurde Sarin eingesetzt
:
(...) Der Bericht weist keiner der Seiten in dem Bürgerkrieg die Verantwortung für den Angriff zu, das ließ das Mandat auch nicht zu. Er liefert aber starke Indizien dafür, dass Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad die Urheber sind
.
Unterstützt wurde diese These von der Schuldzuschreibung an die syrische Regierung durch einen Bericht von Human Rights Watch6. Die Studie endet mit Kapitel IV Verantwortlichkeit für die Angriffe vom 21. August
und trägt die Unterüberschrift: Die Verantwortung der syrischen Regierungstruppen für die Angriffe
(Übersetzung: C.R.).
Als Begründung führt Human Rights Watch die große Reichweite der Angriffe an und dass die betroffenen Einschlagsorte der Giftgasattacken von größeren syrischen Regierungstruppeneinheiten umgeben seien. Die benutzten Raketen vom Kaliber 330 Millimeter - vermutlich in Syrien produziert - seien in zwei Fällen in den Händen von Regierungstruppen gefilmt worden. Der zweite Raketentyp vom Kaliber 140 Millimeter, der Sarin transportieren kann, gehöre zum Waffenarsenal der syrischen Regierung und es sei niemals berichtet worden, dass er sich in Händen der Opposition befinde. Die Angriffe vom 21. August 2013 seien eine ausgeklügelte militärische Operation gewesen, bei der jeder 330-Millimeter-Sprengkopf mit 50 bis 60 Liter Giftgas befüllt und von speziellen Abschussvorrichtungen abgeschossen worden sei.
Am 9. April 2014 befasste sich Frank Nordhausen in der Frankfurter Rundschau
mit den Argumenten seines Kollegen Seymour Hersh (siehe die nachfolgende 2. These):
Inzwischen ist die Beweiskette nicht nur durch die Ergebnisse der UN-Ermittlungsmission noch dichter geworden – Fakten, die Hersh schlicht ignoriert. Zwei Beispiele: Die Chemiewaffen-Sprengköpfe wurden mit Raketen vom Typ Volcano und aus dazugehörigen Schussvorrichtungen abgefeuert, die in Syrien nur das Regime besitzt. Bis heute wurden sie nie bei den Rebellen gesichtet, die sonst ihre Beutewaffen stolz im Internet präsentieren. Hersh würdigt den Widerspruch keines Wortes. Ebenso verfährt er bei der chemischen Signatur des verwendeten Sarins. Das Assad-Regime stellt Sarin erklärtermaßen nach der sogenannten Binärmethode unter Verwendung einer besonderen Komponente her, womit die erhobenen Proben in Ghuta übereinstimmen. Hersh aber erwähnt dies überhaupt nicht, obwohl er behauptet, dass in Ghuta ein chemisch anderes Sarin benutzt worden sei, als es Assad in seinen Depots lagert
.
Die Behauptungen von Seymour Hersh, die Türkei sei logistischer Unterstützer der Gasangriffe vom 21.8.2013 bei Damaskus gewesen, kontert Frank Nordhausen mit folgenden Argumenten: Hersh habe behauptet, dass Al-Nusra-Leute im Frühjahr 2013 in der Türkei mit zwei Kilo Sarin
verhaftet worden seien. Das trifft nicht zu. Die Islamisten hatten zwar versucht, Chemikalien zur Produktion von Sarin zu erwerben, doch sie wurden dabei von der türkischen Polizei dingfest gemacht. So steht es in der 132-seitigen Anklageschrift ihres noch laufenden Prozesses. Die Menge der Chemikalien auf ihrer Einkaufsliste hätte ohnehin nur für die Herstellung von wenigen Kilo Sarin gereicht. Das Inferno von Ghuta wurde aber nach Einschätzung internationaler Waffenexperten durch etwa eine Tonne des Kampfstoffs verursacht. Es ist keine Kleinigkeit, eine solch riesige Menge Sarin herzustellen; der Prozess ist teuer, kompliziert und gefährlich, man braucht dafür eine gut ausgestattete Fabrik. Die Türkei produziert keine Chemiewaffen, sie importiert sogar das Tränengas für ihre Polizei
7.
2. These: Es waren Rebellen!
Bei der Untersuchung der Verantwortlichkeit für die Angriffe des 21. August 2013 stellt sich die Frage: Wem nützten sie? Warum sollte die syrische Regierung zu einem Zeitpunkt, da sie sich militärisch auf dem Vormarsch befand, mit einem Giftgasangriff, der zu einer Militärintervention führen würde, diesen Vorteil wieder selbst zunichte machen? Hatten die im August 2013 sich in der Defensive befindenden Rebellen nicht ein starkes Motiv, eine Militärintervention von außen durch einen Giftgaseinsatz zu provozieren, um das Kriegsblatt in Syrien wieder zu ihren Gunsten zu wenden?
Robert Fisk berichtete im September 2013 im Londoner Independent
, die Raketen, mit denen das Giftgas verschossen worden sei, seien nach russischen Angaben 1967 in Russland hergestellt und an drei Staaten verkauft worden: Jemen, Ägypten und Libyen. Fisk schrieb allerdings auch, dass diese Angaben nicht in Dokumenten hätten verifiziert werden können. Wie die Raketen den Weg von einem der drei Länder nach Syrien gefunden haben sollen, ist ungeklärt 8. Weithin bekannt ist, dass Waffen aus Libyen den Weg über die Türkei nach Syrien gefunden haben .
Seymour Hersh behauptet, neben Al Nusra habe auch eine weitere in Syrien aktive Rebellengruppe, al-Qaida im Irak (AQI), über die Fähigkeit verfügt, Sarin herzustellen. Ein US-nachrichtendienstliches Dokument vom Sommer 2013 habe sich ausführlich mit Ziyaad Tariq Ahmed, einem ehemals für das irakische Militär tätigen Chemiewaffenexperten, beschäftigt, der nach Syrien gewechselt war und in der östlichen Ghouta aktiv sein soll.
Jörg Tiedjen, Redakteur der Zeitschrift INAMO, widmet sich in seinem Artikel Ghouta: Wo ist der Beweis?
9 ausführlich der Vorgeschichte des Giftgaseinsatzes vom 21. August in Damaskus:
Am 19. März 2013 hatte die syrische Regierung die Vereinten Nationen über einen Rebellenangriff in Khan Al-Asal bei Aleppo informiert, bei dem chemische Kampfstoffe eingesetzt worden seien und am 20.3.2013 deshalb ein unabhängiges UN-Untersuchungs-Team angefordert.
Am 14.6.2013 legte die US-Regierung den Vereinten Nationen eine Analyse vor, die zum Inhalt hatte, dass die Regierung in Damaskus selbst für den Angriff in Khan Al-Asal verantwortlich sei.
Im Juli 2013 hatten Rebellen wahrscheinlich der Nusra-Front in Khan Al-Asal nach schweren Kämpfen ein Massaker an gefangenen Regierungssoldaten begangen – möglicherweise, um Zeugen des Giftgaseinsatzes in Khan Al-Asal zum Schweigen zu bringen.
Am 18.8.2013 traf das UN-Untersuchungsteam in Damaskus ein.
Am 20.8. legte die syrische Regierung dem UN-Untersuchungsteam Beweise für ihre Anschuldigungen gegen die Rebellen im Fall Kahn Al-Asal vor: Opfer- und Zeugenlisten sowie medizinische Analysen.
Einen Tag später geschah der Giftgasangriff in Damaskus – Khan Al-Asal war vergessen, das UN-Team untersuchte stattdessen den aktuellen Angriff vom 21. August 2013.
Jörg Tiedjen bilanziert:
Die Rebellen hatten also im Unterschied zur Regierung ein klares Motiv: Sie wollten eine Militärintervention, und sie hatten möglicherweise ein Interesse, dass die UN Khan Al-Asal nicht genauer untersuchen. Beides war durch eine gelungene Operation unter 'falscher Flagge' zu erreichen. Über Giftgas verfügten sie höchst wahrscheinlich, wie die UN nachträglich bestätigten
.
Am 10. Dezember 2013 berichtete Focus
:
Laut Hersh lagen den US-Geheimdiensten Informationen vor, dass die Al-Nusra-Front in der Lage war, Saringas herzustellen. Al-Nusra hätte nach dem Angriff ein Verdächtiger sein müssen, aber die Regierung hat sich aus den Geheimdienstinformationen die Rosinen herausgesucht, um einen Angriff gegen Assad zu rechtfertigen
, schreibt Hersh
10.
Hersh stützt diese These u.a. darauf, dass von der US-Regierung in der Umgebung aller bekannten Chemiewaffenstandorte in Syrien NRO-Sensoren installiert worden seien. Sie dienten dazu, konstant die Bewegung der vom Militär gelagerten chemischen Sprengköpfe zu verfolgen. Weit wichtiger im Sinne der Frühwarnung ist jedoch, dass die Sensoren die USA und den israelischen Nachrichtendienst warnen, wenn Sprengköpfe mit Sarin beladen werden
.
Im Dezember 2012 war das Sensorensystem angesprungen, Barack Obama hatte daraufhin die syrische Regierung öffentlich gewarnt, die rote Linie
eines Giftgaseinsatzes nicht zu überschreiten. Nicht nur Oppositionelle in Syrien, auch Hersh stellt die Frage, warum vor dem 21.8.2013 keinerlei Warnungen ergingen – und die Sensoren in der Nähe der von der syrischen Regierung kontrollierten Chemiewaffenbestände nicht ansprangen.
Der belgische Lehrer Pierre Piccinin, der sich zusammen mit seinem italienischen Journalisten-Kollegen Domenico Quiricon (von der Zeitung La Stampa
) mehrere Wochen in Rebellen-Geiselhaft befunden hatte, sagte laut Tagesspiegel
vom 19.9.2013 in der ZDF-Sendung frontal
er habe als Geisel der Rebellen ein Skype-Gespräch mehrerer Kommandeure mitgehört, die über einen fehlgeschlagenen Giftgaseinsatz sprachen. Einer der Offiziere habe gesagt, dass ursprünglich mit 50 Toten gerechnet worden sei, aber offenbar habe es einen Kontrollverlust
gegeben. Ein General der Freien Syrischen Armee sei sehr verärgert über die hohe Zahl von Toten gewesen
11.
Im Januar 2014 wurde die Studie von Richard Lloyd, einem früheren UN-Waffeninspekteur, und Theodore Postol, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) für Wissenschaft, Technologie und Nationale Sicherheitspolitik, unter dem Titel Mögliche Auswirkungen falscher technischer US-Aufklärung beim Giftgasangriff in Damaskus am 21. August 2013
veröffentlicht12, die zu folgendem Ergebnis führte:
Die syrischen unkonventionellen chemischen Waffen, die beim Nervengasangriff vom 21. August in Damaskus benutzt wurden, haben eine Reichweite von rund zwei Kilometern.
Die unabhängige Bewertung der Reichweite der chemischen Waffen durch die Vereinten Nationen steht in genauer Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen.
Daraus wird ersichtlich, dass diese Munition unmöglich vom Herz
oder dem östlichen Rand des von der syrischen Regierung kontrollierten Gebietes nach Ostghuta abgefeuert wurde, wie eine Geheimdienstkarte zeigt, die das Weiße Haus am 30. August 2013 veröffentlichte.
Diese falsche Geheimdienstinformation hätte zu einer ungerechtfertigten US-Militäraktion aufgrund falscher Nachrichten führen können.
Eine genaue Überprüfung der Tatsache, dass die Waffen eine solch geringe Reichweite hatten, hätte zu einer völlig anderen Bewertung der Situation auf Grundlage der gesammelten Daten geführt.
Welche Gründe auch immer zu den ungeheuerlichen Fehlern in den Geheimdienstinformationen führten, die Quelle dieser Fehler muss aufgeklärt werden.
Wenn die Quelle dieser Fehler nicht identifiziert wird, werden die Vorgänge, die zu diesem Versagen der Geheimdienste geführt haben, unkorrigiert bleiben, und die Möglichkeiten für ein zukünftiges Politikdesaster werden mit Sicherheit wachsen
(Übersetzung: C.R.).
Im September 2013 schrieben Christine Schweitzer und Andreas Buro in einem gemeinsamen Syrien-Artikel in Wissenschaft und Frieden, 4/2013
:
Bisher behaupten weder Washington noch die EU-Staaten, sicher zu wissen, wer in Syrien Giftgas eingesetzt hat. Man spricht nur von hoher Wahrscheinlichkeit
. Diese wird in einem Memorandum hochrangiger ehemaliger Mitarbeiter von US-Geheimdiensten, das an Obama gerichtet ist, in Zweifel gezogen13. Sie sind zusammengeschlossen zu den Veteran Intelligence Professionals for Sanity
(VIPS) und sprachen sich schon im Jahr 2003 klar gegen die lügenhafte Begründung für den US-Angriff gegen Irak aus. Ihr Tenor: Die zuverlässigsten Geheimdienstinformationen besagten, das Assad-Regime habe das am 21.8.2013 verwendete Giftgas nicht eingesetzt und die britischen Geheimdienste wüssten dies sehr wohl. Bereits eine Woche vor dem Giftgaseinsatz habe am 13. und 14. August 2013 in der türkischen Kaserne in Antalya (Hatay Provinz), die jetzt als Hauptquartier der Freien Syrischen Armee dient, ein Treffen hoher Kommandeure der vom Westen unterstützten Aufständischen mit Geheimdienstoffizieren aus den USA, der Türkei und Katar stattgefunden. Die Aufständischen wurden dort unterrichtet, in Kürze werde eine Eskalation im Kriegsgeschehen eintreten, die zu einer Bombardierung Syriens durch US-Streitkräfte führen würde. Die Aufständischen sollten sich darauf vorbereiten, diese Situation für die Eroberung von Damaskus und die Beseitigung des Assad-Regimes zu nutzen. Große Waffenlieferungen wurden zugesagt und zwischen 21. und 23.8.2013 abgewickelt. Die Waffen kamen aus Lagern unter türkischer und katarischer Aufsicht und unter Kontrolle von US-Geheimdiensten
14.
Anfang April 2014 legte Seymour Hersh in einem Artikel der London Review of Books noch einmal nach 15:
Die Geheimdienste der USA und Großbritanniens seien bereits nach dem Giftgaseinsatz in Khan Al-Asal im Frühjahr 2013 darüber informiert gewesen, dass einige Rebelleneinheiten in Syrien chemische Waffen entwickelten
, so Hersh. Unterstützt worden sei die Nusra-Front von Chemiehändlern in der Türkei und Saudi-Arabien
. Im Mai 2013 sei in der Türkei eine Gruppe von Nusra-Kämpfern festgenommen worden, die zwei Kilogramm Sarin bei sich getragen haben sollen. Die Türkei habe den Giftgaseinsatz logistisch deswegen unterstützt, weil Regierungschef Recep Tayyip Erdogan US-Präsident Barack Obama zum Militäreinsatz in Syrien habe bewegen wollen.
Zur Frage, warum Barack Obama im September 2013 trotz Ankündigung dennoch nicht Syrien bombardieren ließ, äußerte sich Seymour Hersh im Interview mit Amy Goodman folgendermaßen:
Ich sage Ihnen, er hat das nicht getan, weil das amerikanische Volk nein gesagt hat. Er wusste, dass er nichts in der Hand hat. Und es gab furchtbaren Widerstand, über den eines Tages geschrieben werden wird, vielleicht in Geschichtsbüchern. Da gibt es ein paar sehr, sehr willensstarke, verfassungstreue Leute im Pentagon, die unglaublich aktiv geworden sind. Das ist die wahre Geschichte. Ich kann es nicht belegen; ich kann Ihnen nur sagen, ich weiß es. ... Es geht um einen Präsidenten, der sich dazu entschloss, ein Kriegsverbrechen politisch zu benutzen und nicht das Richtige zu tun. ... Bei der Geschichte geht es darum, was er vorhatte, was es über ihn aussagt, was es über das Amt aussagt, was es über die Macht aussagt, dass man einfach eine Geschichte fabrizieren kann – was er getan hat –, wissend, dass die Massenpresse diese Geschichte übernehmen wird
16.
In diesem London Review of Books
-Artikel von Anfang April 2014 schrieb Hersh auch, Barack Obama habe am 2. September 2013 den Rückzieher vom bevorstehenden massiven US-Militäreinsatz deswegen gemacht, weil der britische Geheimdienst Proben des am 21. August bei Damaskus eingesetzten Sarin analysiert hatte, die zuvor von russischen Experten übergeben worden waren. Nach dieser chemischen Analyse sei klar gewesen, dass das in Damaskus eingesetzte Sarin nicht mit dem der syrischen Streitkräfte übereinstimme. Vor allem US-Generalstabschef Dempsey habe die US-Regierung daraufhin vor einer ungerechtfertigten Aggression
gegenüber der syrischen Regierung gewarnt. Dempsey argumentierte mit den enormen Kosten eines Syrien-Krieges17.
3. These: Es war Giftgas aus dem Arsenal der syrischen Armee – ohne Einsatzbefehl des syrischen Präsidenten!
Ein Teil der syrischen Armee könnte auch ohne Billigung des Präsidenten oder des Oberkommandos das Giftgas bei Damaskus am 21. August 2013 verschossen haben:
Ein Uno-Beamter, der seit Jahren die Konflikte im Nahen Osten beobachtet, sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg, er vermute Baschar al-Assads jüngeren Bruder Mahir als Befehlshaber für den Angriff. Er kommandiert die Republikanischen Garden und die Vierte Division der Syrischen Armee. Diese Eliteeinheit kam im syrischen Bürgerkrieg bereits bei mehreren wichtigen Gefechten zum Einsatz – unter anderem beim Kampf um Homs. Der Giftgaseinsatz könne ein Alleingang Mahirs gewesen sein und keine strategische Entscheidung des Präsidenten, so der namentlich nicht genannte Uno-Offizielle.
Dies berichtete Der Spiegel
am 29.8.2013 und fügte hinzu:
Die unabhängigen Waffenexperten Nic Jenzen-Jones und Eliot Higgins haben Videos analysiert, die zeigen sollen, dass die syrische Armee Raketen, wie sie in den Vororten von Damaskus einschlugen, bereits zuvor eingesetzt haben. Ein Video zeigt Männer in Zivil und Soldaten mit roten Baretten, die üblicherweise von der Republikanischen Garde getragen werden. Sie laden Raketen von einem Transporter und verfrachten sie auf einen Raketenwerfer, der auf einem Lastwagen montiert ist. Anschließend feuern sie die Geschosse ab. Das Video wurde von syrischen Aufständischen ins Netz gestellt und ist undatiert. Aufgenommen worden sei es nahe der Stadt Daraja, einem Vorort von Damaskus. Bei dem Raketenwerfer soll es sich laut Jenzen-Jones um ein iranisches Falak-2-Modell handeln. Bei den Geschützen, die zu sehen sind, soll es sich um Boden-Boden-Raketen handeln. Sie sollen mindestens 2800 Millimeter lang sein und einen Durchmesser von 330 Millimetern haben. Auf Videos ist zu sehen, wie Uno-Inspektoren in Syrien genau diese Art von Raketen am Ort des Giftgasangriffs untersuchen
18.
Am 25. August 2013 schrieb Michael Lüders in der taz
:
In arabischen Medien kursieren sehr unterschiedliche Bewertungen. So meldet die saudische Zeitung Al-Scharq unter Berufung auf die Freie Syrische Armee, dass eine Eliteeinheit des Regimes, angeführt vom Bruder des Präsidenten, Mahir al-Assad, gegen den Widerstand des zuständigen Kommandanten Chemiewaffen entwendet und zum Einsatz gebracht haben soll. Mahir hat den Kommandanten demzufolge erschossen und eigenmächtig Giftgas eingesetzt. Das mag erklären, warum das Regime zunächst gezögert hat, Chemiewaffeninspektoren Proben am Ort des Geschehens nehmen zu lassen.
19.
Den Leserinnen und Lesern des Münchhausen-Projektes bleibt es überlassen, zukünftige weitere Informationen über den Giftgaseinsatz vom 21.8.2013 bei Damaskus zu verfolgen, bis irgendwann letzte Zweifel ausgeräumt sind, welche der Versionen die Lügengeschichten und welche die Wahrheitsgeschichte ist.
1Seymour M. Hersh, Von wem stammt das Sarin?, in: INAMO, Frühjahr 2014, S. 51.
Zur US-Angabe:
https://uk.news.yahoo.com/u-says-1-429-syrian-citizens-killed-aug-030744357.html
Zur Angabe von Médécins sans Frontièrs:
http://www.dw.de/medecins-sans-frontieres-says-355-were-killed-in-alleged-syrian-chemical-attack/a-17042970
2 Zitiert nach: Seymour M. Hersh, Von wem stammt das Sarin?, in: INAMO, Frühjahr 2014, S. 49.
Die Originalrede von Präsident Barack Obama findet sich unter:
http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2013/09/10/remarks-president-address-nation-syria
3http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/obama-und-syrien-rote-und-rosa-linien-12165844.html
4www.un.org/disarmament/content/slideshow/Secretary_General_Report_of_CW_Investigation.pdf
5http://gadebate.un.org/68/syrian-arab-republic
6http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/syria_cw0913_web_1.pdf
7http://www.fr-online.de/syrien/syrien-tuerkei-wer-setzte-in-syrien-das-giftgas-sarin-ein-,24136514,26802938.html
8www.independent.co.uk/voices/comment/gas-missiles-were-not-sold-to-syria-8831792.html
9Jörg Tiedjen, Ghouta: Wo ist der Beweis?, in: INAMO, Frühjahr 2014, S. 62-64.
10http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/syrien/seymour-hersh-klagt-an-enthuellungsjournalist-obama-taeuschte-oeffentlichkeit-zu-syrien_id_3469220.html
11Quelle: Der Tagesspiegel, Berlin, 19.9.2013.
12https://www.documentcloud.org/documents/1006045-possible-implications-of-bad-intelligence.html
13http://www.veteransforpeace.org/pressroom/news/2013/09/12/veterans-group-responds-president-obamas-call-war
14http://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?artikelID=1902
15http://www.lrb.co.uk/v36/n08/seymour-m-hersh/the-red-line-and-the-rat-line
16Diskussion zwischen Amy Goodman und Seymour Hersh, 'Whose Sarin?': "Wir untersuchen es gerade", in: INAMO, Frühjahr 2014, S. 61.
17http://www.dw.de/top-us-general-warns-of-syria-intervention-costs/a-16974488
18http://www.spiegel.de/politik/ausland/giftgasangriff-in-damaskus-geruechte-indizien-und-vermutungen-a-919205.html
19http://www.taz.de/!122490/
Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbund
Dem 1914 gegründeten Internationalen Versöhnungsbund gehören in rund 40 Staaten der Erde ca. 100 000 Mitglieder an. Der Verband hat Beraterstatus bei den Vereinten Nationen.