Weit in der Champagne im Mittsommergrün,
dort wo zwischen Grabkreuzen Mohnblumen blühn,
da flüstern die Gräser und wiegen sich leicht,
im Wind der sanft über das Gräberfeld streicht.
Auf deinem Kreuz finde ich toter Soldat,
deinen Namen nicht, nur Ziffern und jemand hat die Zahl 1900 und 16 gemalt und du warst nicht einmal 19 Jahre alt.
Ja auch dich haben sie schon genauso belogen, so wie sie es mit uns heute immer noch tun.
Und du hast ihnen alles gegeben, deine Kraft, deine Jugend, dein Leben.
Werner Ruf
Lügen am Golf 1990
Saddam Hussein war lange Jahre verlässlicher Freund der USA oder, wie George W. Bushs Verteidigungsminister Donald Rumsfeld es ausdrückte: „Er ist ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn.“ Durch die iranische Revolution war den USA ihr Statthalter am Persischen Golf, Reza Pahlevi, abhanden gekommen. So unterstützten sie den Irak im 1. Golfkrieg (1980 – 1988) und lieferten Bagdad sogar Satellitenaufnahmen iranischer Truppenkonzentrationen, gegen die Saddam Hussein dann gezielt Giftgas einsetzen konnte. Das Ziel war dreifach: en Irak aus seiner Verbindung mit der Sowjetunion zu lösen, die nicht bereit war, Irak modernste Waffen für den Krieg zu liefern; das Regime der Mollahs in Teheran zu schwächen, ja wenn möglich zu stürzen; durch den Waffenbedarf der Kontrahenten den Ölpreis zu senken und, wenn möglich, so die OPEC zu zerstören oder zumindest zu schwächen. Ihren Anspruch auf die Kontrolle der instabilen Region hatten die USA nach der Geiselnahme des Personals ihrer Botschaft in Teheran durch Verkündung der Carter-Doktrin (23. Januar 1980) zum Ausdruck gebracht: „Der Versuch eine auswärtigen Macht, die Kontrolle des Persischen Golfs zu übernehmen, wird als Angriff auf die vitalen Interessen der USA betrachtet. Sie wird mir allen Mitteln einschließlich militärischer Gewalt zurückgewiesen werden.“
Als der irakisch-iranische Krieg am 8. August 1988 mit einem Waffenstillstand endete, war Irak aufgrund der massenhaften Beschaffung teils modernsten Kriegsgeräts hoch verschuldet (ca. 70 Mrd. US-$). Zum gleichen Zeitpunkt erhöhte Kuwait, gefolgt von anderen Golfstaaten, seine Ölproduktion weit über die ihm im Rahmen der OPEC zustehende Quote. Nach Angaben des Irak führte dies zu einem Preisverfall von 1 $/Barrel: Irak sah sich nicht mehr in der Lage, seinen Schuldendienst zu bedienen. In der Folge belebte Saddam Hussein den alten Grenzkonflikt um die Kontrolle des Ölfelds von Rumayla, wo die Grenzziehung zwischen beiden Staaten strittig war, auch warf er Kuwait vor, aus dem gemeinsam ausgebeuteten Ölfeld für mehr als 2,4 Mrd. Öl „gestohlen“ zu haben.
Was Ende Juli in den diplomatischen zwischen Washington und den Hauptstädten der Nahost-Region geschah, werden bestenfalls die Akten zeigen, so sie eines Tages vollständig veröffentlicht werden sollten. Gesichert ist, dass die US-Botschafterin in Bagdad April Glaspie am 25. Juli 1990 gegenüber Saddam Hussein erklärte, die USA betrachteten den Streit zwischen Kuwait und Irak als eine innerarabischen Angelegenheit, was nichts anderes bedeuten kann, als dass die USA sich aus diesem Streit heraushalten würden. John Kelly, stellvertretender Staatssekretär für den Mittleren Osten, erklärte vor dem US-Kongress, die USA müssten sich mit Saddam Hussein vertragen, deshalb dürfe man das kuwaitische Problem nicht hochspielen.
Am 2. August marschierte der Irak in Kuwait ein. Noch am selben Tag verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 660, in der er die irakische Invasion Kuwaits verurteilte und verlangte, „dass Irak alle seine Streitkräfte unverzüglich und bedingungslos auf die Stellungen zurückzieht, in denen sie sich am 1. August 1990 befanden. Gedeckt durch die Resolution des UN-Sicherheitsrats organisierten die USA eine Koalition der Willigen, der neben den westlichen Führungsmächten (außer der damaligen BRD) auch arabische Staaten wie Syrien und Marokko angehörten.
Doch der US-Kongress wollte sich dem plötzlichen Sinneswandel und Feindbildwechsel der Administration von George Bush nicht anschließen und stellte sich mehrheitlich gegen eine Militärintervention. Um diesen Widerstand zu überwinden, half nur eine Lüge:
Am 10. Okt. 1990 sagte vor dem Menschenrechtsausschuss des US-Kongress eine junge Hilfskrankenschwester aus. Ihr Vorname, war Najirah, den Nachnamen wollte sie nicht nennen, da sie Repressalien gegen ihre in Kuwait verbliebene Familie fürchtete. Sie berichtete unter Tränen und immer wieder von Schluchzen unterbrochen, wie sie mitansehen musste, dass irakische Soldaten Frühgeborene aus ihren Brutkästen im al-adnan-Krankenhaus von Kuwait-Stadt gerissen, sie auf den Boden geworfen hatten und dort verenden ließen. Die Story ging um die Welt, selbst amnesty international hielt Monate lang an ihr fest, und Präsident George Bush berief sich in seinen Reden immer wieder auf die Horror-Geschichte.
Lange nach Ende des Krieges stellte sich heraus, dass die Schein-Organisation „Citizens for a free Kuwait“, die vom Staat Kuwait finanziert wurde, die PR-Agentur Hill & Knowlton für 10 Mio. US $ mit der Produktion der „Zeugenaussage“ beauftragt hatte. Der Kontaktmann zwischen der Firma und den Kuwaitis war Craig Fuller, ein guter Freund und Politikberater von Präsident Bush. Auch der Nachname der „Kronzeugin“ wurde bekannt: Sie hieß as-Sabah, gehörte also zur Herrscherfamilie des Emirats und war die Tochter des kuwaitischen Botschafters in Washington, die nie in Kuwait gelebt hatte. Die erfundene Inszenierung tat ihre Wirkung: Am 8. 1. 1991 stimmte der US-Senat mit 52 zu 47 Stimmen, das Repräsentantenhaus mit 250 zu 183 Stimmen dem Angriff der USA und ihrer Koalition der Willigen auf den Irak zu. Ausschnitte aus der erschütternd dargebotenen „Zeugenaussage“ können noch immer auf youtoube betrachtet werden.
Der Irak wurde in der Folge des Krieges mit schweren Sanktionen belegt, die vor allem die Zivilbevölkerung hart trafen. Der 2. Golfkrieg ermöglichte den USA die dauerhafte Stationierung von Truppen in 'Saudi-Arabien und einigen Golfstaaten, insbesondere Kuwait und Qatar. In Camp as-Sayliyah bei Doha aus operiert inzwischen das US Central Command, das für die Türkei und den Mittleren Osten zuständig ist. von dort wurde und wird die Kriegführung in Afghanistan koordiniert.
Jeder Stifter einer Weltreligion verhieß Frieden, und zwar im Diesseits, zu erreichen durch Toleranz, Barmherzigkeit, Menschlichkeit. Staatsgründer taten es ihnen gleich und schrieben in ihre Grundgesetze: All men are created equal (Unabhängigkeitserklärung der USA). Großartige, kluge Worte. Und doch ist die menschliche Geschichte geprägt von Gewalt und Krieg, deren Beute von wenigen eingesackt wurde und dessen Leid von den Vielen getragen werden musste.
Wie gelang es und gelingt es in fast allen Gesellschaftsformationen, die Menschen gegeneinander in Stellung und zu Mord und Totschlag zu bringen und dies noch als gute und ehrenvolle Taten zu verkaufen? Die Massenmörder schrieben und schreiben die Geschichte, sie ließen sich den Titel ‚Der Große’ zumessen, und der Tod auf dem Schlachtfeld wurde zum Heldentod verklärt, während die ‚Kollateralschäden’ ignoriert wurden. Interessen obsiegen über Ethik und Moral.
Das Projekt Münchhausen fordert alle auf, die Geschichten der großen und kleinen Kriegslügen zu erzählen, mit denen die Menschen zur Gewalt gegen einander verführt wurden – von den Kreuzzügen, über den angeblich Gerechten Krieg, den Tonking-Zwischenfall an den Küsten Vietnams, bis zur dreisten Lüge des US-Außenministers über die Atombomben des Saddam Hussein und dem Militär als letztem Mittel der angeblich Humanitären Intervention?
Wir müssen uns befreien von dem Spinnengewebe der Lügen und Legitimationsideologien, die unsere Mitmenschen zu Feinden und Feindbildern und uns zu Gewalt gegen sie in der globalisierten Gesellschaft machen wollen. Das Projekt Münchhausen soll dazu einen Beitrag leisten.