Weit in der Champagne im Mittsommergrün,
dort wo zwischen Grabkreuzen Mohnblumen blühn,
da flüstern die Gräser und wiegen sich leicht,
im Wind der sanft über das Gräberfeld streicht.
Auf deinem Kreuz finde ich toter Soldat,
deinen Namen nicht, nur Ziffern und jemand hat die Zahl 1900 und 16 gemalt und du warst nicht einmal 19 Jahre alt.
Ja auch dich haben sie schon genauso belogen, so wie sie es mit uns heute immer noch tun.
Und du hast ihnen alles gegeben, deine Kraft, deine Jugend, dein Leben.
Lügengeschichte des Monats Juli 2014
Wiltrud Rösch-Metzler
Gaza-Krieg: Der gebrochene Waffenstillstand
Am 27. Dezember 2008 griffen 60 israelische Kampfflugzeuge den Gazastreifen an. Bis zum Ende des Angriffs am 18. Januar 2009 hatte dieser Krieg „Operation gegossenes Blei“ 1.387 palästinensische Todesopfer, darunter 320 Kinder, gekostet. Auf israelischer Seite kamen 13 Menschen ums Leben, davon vier durch eigenen Beschuss.
Verlautbarte Kriegsgründe
Zahlreiche westliche Regierungen und Medien beschrieben diesen Krieg als unausweichlich, weil die Hamas den sechsmonatigen Waffenstillstand verletzt hatte, weil die israelische Regierung ihre BürgerInnen schützen und die Raketenabschussrampen im Gazastreifen zerstören musste, weil die Hamas eine terroristische Organisation im Rahmen des globalen Jihad sei und Israel nicht nur für sich handeln musste, sondern im Rahmen des Kampfes der westlichen Demokratien gegen dieses globale Netzwerk.
Wer hat den Waffenstillstand wirklich gebrochen?
Der Gazastreifen ist ein winziges Stückchen Land am Mittelmeer, etwa so groß wie der Kreis Offenbach. Rund 1,7 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser leben dort, die Hälfte davon ist unter 18 Jahre alt. Im Jahr 2006 haben die PalästinenserInnen in der Westbank und im Gazastreifen die islamische Hamas als stärkste Partei gewählt. Sie bildete mit der Fatah eine Einheitsregierung, die von Israel und vom Westen boykottiert wurde und zerbrach. Im Gazastreifen setzte sie sich durch und stellt dort seit dem 15. Juni 2007 die de facto Regierung. Sofort drosselte die Besatzungsmacht Israel die Einfuhren nach Gaza von 12.000 Lastwagenladungen pro Monat auf nur noch 2500 Ladungen.
Blockade nennt man das, wenn einem Volk von außen der Lebensnerv abgeschnitten wird, die Menschen nicht mehr exportieren können und selber nicht mehr den Landstrich verlassen dürfen. Aus diesem Freiluftgefängnis heraus schossen Milizen Granaten, Mörser und Raketen auf israelisches Territorium, um Freiheit zu erkämpfen. Israelisches Militär wacht über den Gazastreifen und die Küste, bombardiert und schießt, um Schaden von der eigenen Bevölkerung abzuwenden. Ungleiche Zwischenbilanz dieser militärischen Aktionen im ersten Halbjahr 2008: 390 durch Israelis getötete PalästinenserInnen und fünf durch Palästinenser getötete Israelis. Aber es kam nicht zum Krieg. Noch nicht.
Es geschah zunächst etwas anderes. Die von der EU, USA und Israel als terroristisch abgestempelte Hamas-Regierung handelte mit der völkerrechtmissachtenden israelischen Regierung einen halbjährigen Waffenstillstand aus. Während die eine Seite damit die Öffnung des Gazastreifens anstrebte, ging es der anderen um den Stopp des Beschusses aus dem Gazastreifen. Die Mörserzähler des israelischen Verteidigungsministeriums rieben sich verwundert die Augen. Sie verzeichneten tatsächlich einen Einbruch in ihrer Statistik, als am 19. Juni 2008 der Waffenstillstand einsetzte.
Im August wurden israelischen Quellen zufolge drei Mörsergranaten und acht Raketen nach Israel abgefeuert. Im September waren es noch eine Mörsergranate und eine Rakete, im Oktober dieselbe Menge. Nun könnte man annehmen, dass gleichzeitig die Einfuhren nach Gaza wieder mehr wurden. Das Gegenteil war aber der Fall. Die erlaubte Einfuhrmenge im Oktober ging gar um 30% gegenüber dem September zurück. Vergleicht man das mit der Menge, die noch im Mai 2007 eingeführt werden durfte, war es gerade noch ein Viertel der damaligen Warenmenge.
Wie nutzt man diese Raketenpause, wenn man seiner Bevölkerung wirklich Ruhe vor Raketenangriffen bescheren möchte? Man lockert die Blockade und nimmt im Gegenzug der Hamas das Versprechen ab, für die Sicherheit der Israelis zu sorgen. Dieser Weg wurde jedoch nicht beschritten, vielleicht weil Anfang 2009 Wahlen in Israel anstanden. Die Mörserzähler maulten, weil sie nichts mehr zu tun hatten. Wie spitzt man den Konflikt weiter zu, wenn man selber gut bewaffnet ist und diese Waffen einsetzen möchte? Am 4. November drangen israelische Soldaten in den Gazastreifen ein. Sie töteten ein Mitglied der Qassam Brigaden. Als Reaktion auf den Tod wurden 30 Qassamraketen nach Israel abgeschossen. Israel reagierte mit einem Luftangriff und tötete weitere fünf Qassam-Brigaden Mitglieder während die Welt mit der Auszählung der Stimmen auf dem anderen Kontinent zur Wahl eines schwarzen US-Präsidenten beschäftigt war. Nun durften nur noch die allernötigsten Grundnahrungsmittel in den Gazastreifen sowie eine begrenzte Menge Kraftstoff, Medizin und Tierfutter.
Während sich die israelische Seite auf das Recht auf Selbstverteidigung beruft, gilt für die palästinensische Seite das Recht auf Selbstbestimmung. Völker, die gewaltsamen Handlungen, die sie ihres Selbstbestimmungsrechts berauben, Widerstand leisten, sind berechtigt die Unterstützung Dritter zu fordern und zu erhalten, sagt die UN. Beide Seiten müssen sich aber auf jeden Fall an das Humanitäre Völkerrecht halten. Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation Btselem hat die israelische Armee in der Zeit des Waffenstillstands insgesamt 19 Palästinenser getötet, darunter drei Zivilisten. Umgekehrt ist kein Israeli getötet worden.
Henry Siegmann in der London Review of Books schrieb über den Gaza-Krieg. „Man kann nicht sagen, dass Israel den Angriff startete, um seine BürgerInnen vor Raketen zu schützen. Israel tat es, um sein Recht zu schützen, die Strangulierung der Bevölkerung Gazas fortzusetzen.“
Als die Hamas nach dem gebrochenen Waffenstillstand und der verlorenen Aussicht auf Aufhebung der Blockade die Milizen im Gazastreifen nicht mehr in Schach halten konnte, schickte Israel Kampfflugzeuge. Der Krieg gegen Gaza begann.
Literatur: Ereignisse zwischen dem „Waffenstillstand“ des 18. Juni 2008 zwichen Israel und den Gazaer Behörden und dem Beginn der israelischen Kriegshandlungen in Gaza am 27. Dezember 2008 in: Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über den Gaza Konflikt, Hrsg. Abraham Melzer. Melzer Verlag Neu Isenburg, 2010, 816 Seiten
Jeder Stifter einer Weltreligion verhieß Frieden, und zwar im Diesseits, zu erreichen durch Toleranz, Barmherzigkeit, Menschlichkeit. Staatsgründer taten es ihnen gleich und schrieben in ihre Grundgesetze: All men are created equal (Unabhängigkeitserklärung der USA). Großartige, kluge Worte. Und doch ist die menschliche Geschichte geprägt von Gewalt und Krieg, deren Beute von wenigen eingesackt wurde und dessen Leid von den Vielen getragen werden musste.
Wie gelang es und gelingt es in fast allen Gesellschaftsformationen, die Menschen gegeneinander in Stellung und zu Mord und Totschlag zu bringen und dies noch als gute und ehrenvolle Taten zu verkaufen? Die Massenmörder schrieben und schreiben die Geschichte, sie ließen sich den Titel ‚Der Große’ zumessen, und der Tod auf dem Schlachtfeld wurde zum Heldentod verklärt, während die ‚Kollateralschäden’ ignoriert wurden. Interessen obsiegen über Ethik und Moral.
Das Projekt Münchhausen fordert alle auf, die Geschichten der großen und kleinen Kriegslügen zu erzählen, mit denen die Menschen zur Gewalt gegen einander verführt wurden – von den Kreuzzügen, über den angeblich Gerechten Krieg, den Tonking-Zwischenfall an den Küsten Vietnams, bis zur dreisten Lüge des US-Außenministers über die Atombomben des Saddam Hussein und dem Militär als letztem Mittel der angeblich Humanitären Intervention?
Wir müssen uns befreien von dem Spinnengewebe der Lügen und Legitimationsideologien, die unsere Mitmenschen zu Feinden und Feindbildern und uns zu Gewalt gegen sie in der globalisierten Gesellschaft machen wollen. Das Projekt Münchhausen soll dazu einen Beitrag leisten.