Österreichischer Verwaltungsgerichtshof

Ungarn gilt nicht mehr als „für Asylwerber sicher“

14.9.2015 – Wie die Pressestelle des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) mitteilt, hat das Gericht die Abschiebung einer Asylwerberin und ihrer Kinder nach Ungarn gestoppt. Zur Begründung wurde angeführt, die gesetzliche Vermutung, dass Ungarn für Flüchtlinge sicher ist, bestehe derzeit nicht mehr.

Eine alleinstehende Asylwerberin aus Afghanistan mit mehreren minderjährigen Kindern klagte gegen ihre Rücküberstellung nach Ungarn. Sie hatte in dem Land Asyl beantragt, war aber im Oktober 2014 nach Österreich weitergereist. Auf Basis der Dublin-III-Verordnung wäre zwar Ungarn für die Frau zuständig, und das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung im Mai dieses Jahres auch bestätigt. Dabei habe man sich jedoch auf die Situation aus dem Sommer 2014 gestützt.

Der VwGH kam jetzt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der drohenden Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention oder der Grundrechtecharta der EU keine Überstellung nach Ungarn erfolgen darf. Die Lage in Ungarn habe sich im Vergleich zu Oktober 2014 „deutlich verändert“.

Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofes:

„Die Lage in Ungarn hat sich zumindest seit Oktober 2014 deutlich verändert, weil ein massiver Zustrom von asylsuchenden Personen stattgefunden hat. Dieser Umstand in Verbindung mit der konkreten Kritik an den Aufnahmebedingungen für Asylwerber in Ungarn führt dazu, dass die gesetzliche Vermutung, Ungarn sei für Asylwerber sicher, derzeit nicht mehr besteht. Die Asylbehörde und das Bundesverwaltungsgericht müssen sich daher genauer als bisher mit der aktuellen Lage in Ungarn auseinandersetzen und prüfen, ob Österreich asylsuchende Personen im Dublin-System nach Ungarn zurücküberstellen dürfe. Eine endgültige Klärung dieser Frage ist erst nach Vorliegen derartiger Ermittlungsergebnisse möglich.“

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofes im Wortlaut


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