8. Mai 1988 – 8. Mai 2013

Der Aachener Friedenspreis wird 25 Jahre alt

08.05.2013 – Heute wird der Aachener Friedenspreis 25 Jahre alt. Für aixpaix.de sprach Jonas Voß mit Otmar Steinbicker, dem langjährigen Friedenspreis-Vorsitzenden und heutigen aixpaix.de-Herausgeber über die Geschichte des Friedenspreises, die Geschichte der Friedensbewegung der 1980er Jahre und die aktuellen Probleme und Aufgaben der Friedensbewegung.

aixpaix.de: Am 8. Mai 1988, also vor 25 Jahren wurde der Aachener Friedenspreis begründet. Was bedeutet dieses Datum für Sie?

Otmar Steinbicker, Foto: Beate Knappe

Otmar Steinbicker: Die Gründung des Aachener Friedenspreises war wohl die bemerkenswerteste Antwort auf den teilweisen Zerfall der deutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre.

aixpaix.de: Was war das für eine Zeit?

Otmar Steinbicker: Die Friedensbewegung der 1980er Jahre war eine Massenbewegung, die Millionen Menschen bewegte und das politische Klima jener Zeit deutlich beeinflusste. Millionen unterzeichneten damals den Krefelder Appell gegen die Stationierung neuartiger atomarer Mittelstreckenraketen und forderten Abrüstung statt weiterer gefährlicher Eskalationsschritte in Richtung Atomkrieg. Hunderttausende gingen bei Demonstrationen auf die Straße und Zehntausende organisierten sich vor allem in örtlichen Initiativen, in Städten wie Aachen bis auf die Ebene von Stadtteilinitiativen.

aixpaix.de: Aber sie konnten die Raketenstationierung nicht aufhalten.

Otmar Steinbicker: Im Herbst 1983 beschloss der Bundestag die Raketenstationierung aber schon 1987 einigten sich die USA und die UdSSR im INF-Abkommen darauf, eine ganze Waffenkategorie, die der atomaren Mittelstreckenraketen, nicht nur wie in anderen Bereichen zahlenmäßig zu begrenzen, sondern vollständig abzuschaffen und zu verschrotten. Das war ein Riesenerfolg für die weltweite Friedensbewegung und die deutsche hatte einen erkennbaren Anteil daran.

aixpaix.de: Danach brach diese Bewegung auseinander.

Otmar Steinbicker: Es war im Prinzip eine Ein-Punkt-Bewegung gegen die Atomraketen und die sehr reale Gefahr des Atomkrieges. Mit dem Erfolg des INF-Abkommens schien vielen in der Friedensbewegung eine intensive Arbeit wie zuvor in den Initiativen nicht mehr nötig. Diese Initiativen zerfielen. Das war in Aachen nicht anders als anderswo. Die großen Friedensorganisationen, wie z.B. Pax Christi hatten zwar an Mitgliedern hinzugewonnen, konnten aber nicht diese Menge an Aktivisten integrieren.

aixpaix.de: In dieser Situation entstand der Aachener Friedenspreis?

Otmar Steinbicker: Ja, die ersten Überlegungen gab es schon 1987 und bis zum April 1988 waren sie soweit gediehen, dass sie umgesetzt werden konnten.

Der Aachener Friedenspreis: ein Anti-Karlspreis?

aixpaix.de: Es heißt oft, die Karlspreis-Verleihung an Henry Kissinger 1988 habe die Gründung des Aachener Friedenspreises ausgelöst.

Otmar Steinbicker: Es gibt schriftliche Dokumente, dass die ersten Überlegungen für den Friedenspreis existierten, bevor der Name Kissinger als Karlspreisträger auftauchte. Die heftige öffentliche Debatte um diese Preisverleihung wirkte da natürlich mobilisierend für den Friedenspreis.

aixpaix.de: Und der Aachener Friedenspreis konnte vor Ort die auseinander laufende Friedensbewegung wieder zusammenführen?

Otmar Steinbicker: In einem erheblichen Umfang, ja. Mit seinen ersten beiden Preisträgern stellte sich der Aachener Friedenspreis in die Tradition der deutschen Friedensbewegung. Pfarrer Werner Sanß repräsentierte die Friedensbewegung von den 1950er bis zu den 1980er Jahren, Pfarrerin Jutta Dahl war eine prominente Aktivistin gegen die Stationierung von Cruise Missiles im Hunsrück.

Otmar Steinbicker: Natürlich entwickelte sich der Aachener Friedenspreis weiter. Das ging auch nicht ohne Konflikte ab, aber es ging vorwärts. Der Aachener Friedenspreis wurde als Bürgerinitiative zur wahrscheinlich mitgliederstärksten städtischen Friedensorganisation in Deutschland.

Aachener Friedenspreis und Stadt Aachen – ein wechselvolles Verhältnis

aixpaix.de: Bemerkenswert war wohl das Verhältnis der Stadt Aachen zum Friedenspreis?

Otmar Steinbicker: Ja, anfangs galt der Friedenspreis vielen eher als Anti-Karlspreis und damit war sowohl auf Seiten des Friedenspreises wie auf Seiten der Stadt eher eine Antihaltung vorhanden. Gestützt auf eine rot-grüne Ratsmehrheit trat dann 1994 die Stadt Aachen offiziell dem Friedenspreis bei.

aixpaix.de: Um nach den nächsten Wahlen 1999 unter Schwarz-Gelb gleich wieder auszutreten.

Otmar Steinbicker: Ja, wobei das Bemerkenswerte daran war, dass der Austritt nicht dem Friedenspreis schadete, sondern den Politikern, die den Austritt betrieben hatten. Der Austritt der Stadt führte zu heftigen Protesten in der Öffentlichkeit und der Friedenspreis konnte seine Mitgliederzahl verdoppeln. Damals traten unter anderem die katholischen Großorganisationen Misereor und Mission ein. Die CDU bedauerte nach den Wahlen 2004 den von ihr mitbetriebenen Friedenspreis-Austritt der Stadt als Fehler, der ihr Stimmen gekostet hatte.

aixpaix.de: Da war dann wieder Rot-Grün am Ruder.

Otmar Steinbicker: ... und wollte gleich wieder einen Beitritt ansteuern. Glücklicherweise gelang es 2004, alle Parteien mit ins Boot zu nehmen, so dass es zu einem einstimmigen Stadtratsbeschluss für den Beitritt zum Friedenspreis kam. Das hatte noch kurz zuvor kaum jemand für möglich gehalten.

aixpaix.de: Das war ein Riesenerfolg und einer von vielen in diesen Jahren.

Otmar Steinbicker: Ja, damals gelang es, das Ansehen des Vereins beträchtlich zu erhöhen, nicht zuletzt durch eine überzeugende Medienarbeit. Aachen galt damals als die Stadt in Deutschland mit der medienstärksten Friedensbewegung. Ein Faktor, der sogar bundesweit wirkte. Als die Friedensbewegung 2007 zu einer großen Afghanistan-Demonstration in Berlin aufrief, bereitete z.B. die Tagesschau-Redaktion die Berichterstattung über Aachen vor. Es ließen sich da noch mehr Beispiele aufzählen.

Aachener Nachrichten, 06.05.2008

aixpaix.de: Zum 20. Jahrestag des Aachener Friedenspreises brachten die Aachener Nachrichten und die Aachener Zeitung jeweils eine ganze Seite 3 zum Jubiläum. Heute zum 25. Jahrestag findet sich keine einzige Zeile in den Zeitungen und auch nicht einmal auf der Vereinshomepage – ein Symptom für den Zustand des Vereins Aachener Friedenspreis?

Otmar Steinbicker: Leider ja, der Verein befindet sich seit einigen Jahren in einem unbeschreiblichen Zustand. Er ist nur noch ein Schatten dessen, was er einmal war.

Die Geschichte des Aachener Friedenspreises als Broschüre

aixpaix.de: Ist die Geschichte des Aachener Friedenspreises aufgearbeitet worden?

Otmar Steinbicker: Ja, zumindest bis 2008. Zum 20. Jahrestag konnte eine Studentin gewonnen werden, die diese Geschichte für ihre Examensarbeit aufarbeitete. Der Aachener Friedenspreis hatte damals aus dem umfangreichen Werk eine kleine Broschüre zusammengestellt, die ich nur jedem zur Lektüre empfehlen kann.

aixpaix.de: Ist die Geschichte danach fortgeschrieben worden?

Otmar Steinbicker: Das entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn die Geschichte fortgeschrieben wird, dann werden auch Probleme aufgearbeitet werden müssen, die heute unter den Teppich gekehrt werden wie die Antisemitismus-Eskapaden, mit denen der Verein im Sommer 2011 in Aachen Negativ-Schlagzeilen machte. Bis heute hat sich der Vorstand nicht öffentlich von den Entgleisungen des damaligen Vorsitzenden und seiner Stellvertreterin distanziert.

Warum haben Sie 2009 als Vorsitzender aufgehört?

aixpaix.de: Sie waren von 2003 bis 2009 der Vorsitzende und erklärten im Mai 2009 überraschend, nicht wieder kandidieren zu wollen. Galt da das Prinzip: man soll aufhören, wenn es am schönsten ist?

Otmar Steinbicker: Leider nein, schön war es zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr. Seit 2006 hatte es zunehmend Querelen und Intrigen gegeben, die von Jahr zu Jahr zunahmen und über die schließlich auch die Presse berichtete. Das war sehr unerquicklich.

Entscheidend für mich aber war ein Beschluss der Mitgliederversammlung vom November 2008, wonach sich der Verein vorstellen konnte, unter Umständen einem Kriegseinsatz der Bundeswehr zuzustimmen. In dem Papier, das eine Arbeitsgruppe verfasst hatte, hieß es, die Bundeswehr sollle sowohl der Landesverteidigung dienen als auch gegebenenfalls im Falle von Völkermord auf anderen Kontinenten eingesetzt werden. Einer solchen Auffassung konnte ich nicht zustimmen und einen Verein, der solches auf seine Fahnen schrieb, wollte ich auch nicht als Vorsitzender repräsentieren.

aixpaix.de: In dem besagten Papier wird aber zugleich auch die Abrüstung der Bundeswehr verlangt. Die Befürworter sehen es als Kompromisspapier.

Otmar Steinbicker: Ein Kompromiss kann ja wohl nicht ernsthaft darin bestehen, dass man sagt: Wir sind zugleich für eine massive Aufrüstung und für eine massive Abrüstung. Das wäre ja grober Unfug. Aber es ist richtig, beides steht in diesem Papier, das bis heute auf der Vereinshomepage zu finden ist. Die Bundeswehr fähig zur Landesverteidigung und zu Auslandseinsätzen, das würde eine Hochrüstung erfordern, zu der gegenwärtig und wohl auch in absehbarer Zukunft keine Bundesregierung gleich in welcher Zusammensetzung bereit wäre. Und zu einem Einsatz wegen Völkermord bei einem Szenario wie in Ruanda 1994 würde in absehbarer Zeit wohl kein verantwortlicher General der Bundeswehr raten. Mit seinem Papier bildet der Friedenspreis leider die Spitze des Militarismus. Wenn man dann einerseits solche Riesenaufgaben für die Bundeswehr formuliert und andererseits eine massive Abrüstung fordert, dann macht man sich völlig lächerlich. Dazu war ich nicht bereit.

aixpaix.de: Sie sind damals aber nicht sofort zurückgetreten?

Otmar Steinbicker: Nein, ich hatte anfangs noch Hoffnung, die Mitgliedschaft zur Umkehr von diesem verhängnisvollen Beschluss zu bewegen. Als jedoch der damalige Vorstand im Mai 2009 beschloss, dieses Papier auf der Vereinshomepage zu veröffentlichen, habe ich die Arbeit an dieser Internetseite, die ich aufgebaut und gepflegt hatte, eingestellt und bei der Preisträgerbekanntgabe am 8. Mai auch erklärt, nicht mehr für den Vorsitz zu kandidieren.

Ist das Aachener Friedensmagazin aixpaix.de eine Konkurrenz zum Friedenspreis?

aixpaix.de: Am 1. Juli 2009 stellten Sie Ihr eigenes Internet-Friedensmagazin aixpaix.de vor.

Otmar Steinbicker: Ich hatte ursprünglich nicht beabsichtigt, Vorsitzender zu werden, sondern wollte mich für eine Internetpräsenz des Friedenspreises engagieren. Als die aufgebaut war, trug man mir den Vorsitz an. Nach Beendigung der Arbeit als Vorsitzender wollte ich mich ganz der Arbeit mit dem Medium eines Friedensmagazins im Internet widmen.

aixpaix.de: Sind Erfahrungen aus Ihrer Friedenspreis-Zeit in ihr Internet-Magazin eingeflossen?

Otmar Steinbicker: Ja, gleich mehrere. Ich habe beim Friedenspreis die Preisträger als internationales Kompetenzteam gesehen, dessen Erfahrungen man weitervermitteln sollte. Ein solches Kompetenzteam habe ich mittlerweile als internationales Autorenteam. Da sind Aachener Friedenspreisträger dabei wie Uri Avnery und Andreas Buro aber auch andere. Mir ist durch die Auseinandersetzungen im Friedenspreis aber auch klar geworden, wie wichtig es ist, mit ernsthaften und belegbaren Informationen zu arbeiten.

aixpaix.de: Tritt damit Ihr Internet-Magazin in Konkurrenz zum Friedenspreis oder sogar womöglich dessen Nachfolge an?

Otmar Steinbicker: Weder noch, aixpaix.de wird keine Preise vergeben. Insofern gibt es keine Konkurrenz. Ob es ein Miteinander oder eher ein Gegeneinander gibt, hängt von den Inhalten und den handelnden Personen ab. Wenn man miteinander arbeiten kann, sollte man das tun.

Hat der Aachener Friedenspreis eine Zukunft?

aixpaix.de: Hat der Aachener Friedenspreis eine Zukunft?

Otmar Steinbicker: Das ist eine schwer zu beantwortende Frage, denn da gibt es mehrere Faktoren zu berücksichtigen. In den Aachener Medien werden seit Jahren die offensichtlich nicht enden wollenden Querelen benannt, die in letzter Zeit dem Vernehmen nach zu einer Vielzahl von Austritten geführt haben. Ein Verein, der mit solchen Querelen nicht fertig wird, wird sich sicherlich mit dem Thema Zukunft sehr schwer tun.

Andererseits gibt es aber auch strukturelle Probleme. Auffällig ist der hohe Altersdurchschnitt. Viele Mitglieder sind schon seit annähernd 25 Jahren dabei. Da ist auch der Tod ein Thema bei der Mitgliederbilanz. Zwischen 2003 und 2009 gab es jährlich zwischen 10 und 20 Verluste durch Tod, Streichung und Austritte mit eher steigender Tendenz. Diese konnten damals durch Neueintritte wettgemacht werden. Ja, es gab sogar eine leicht positive Mitgliederentwicklung. 2007 wurde die Marke von 400 Mitgliedern überschritten. So etwas geht aber nur mit einem Verein, der eine positive Ausstrahlung nach außen hat und nicht mit Querelen Schlagzeilen macht.

Friedensbewegung muss den Generationswechsel meistern

aixpaix.de: Nicht nur in Aachen ist der Altersdurchschnitt ein Problem der Friedensbewegung.

Otmar Steinbicker: Ja, es ist sehr schwierig, ein offensichtliches Generationenproblem zu meistern. Für die Kriegs- und Nachkriegsgeneration war Krieg mit den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und mit der existenziell bedrohenden Gefahr des Atomkriegs während des Kalten Krieges verbunden. Heute wissen wir, dass es manchmal auf Messers Schneide stand und wir manchmal auch schlicht Glück hatten, dass es zu keinem Atomwaffeneinsatz kam. Krieg war für unsere Generation etwas, was auf keinen Fall stattfinden durfte. Selbst die Befürworter von Bundeswehr und Hochrüstung argumentierten, das diene ausschließlich der Abschreckung, damit es keinen Krieg gäbe.

aixpaix.de: Heute klingen diese Argumentationen ganz anders.

Otmar Steinbicker: Seit 14 Jahren gibt es eine ganz andere Erfahrung von Krieg. Für jüngere Generationen ist Krieg etwas Normales und auch nicht so Schlimmes, wie in unserer Vorstellung.

Seit 1999 führt die Bundeswehr Krieg, zuerst im Kosovo und seit 2001 ununterbrochen in Afghanistan. Diese Kriege finden weit entfernt von unserer Haustür statt. Es sterben vor allem Menschen aus den Kriegsregionen und nur wenige Bundeswehrsoldaten. Und mancher tröstet sich damit, dass diese ja freiwillig diesen Beruf und damit auch dieses Berufsrisiko gewählt hatten. Heute ruft ein Großteil der Außenpolitiker im Bundestag sehr schnell nach militärischen Lösungen, wenn man einem etwas komplizierteren außenpolitischen Problem gegenübersteht.

aixpaix.de: Was heißt das für die Friedensbewegung?

Otmar Steinbicker: Heute muss ihre Überzeugungsarbeit anders aussehen als in den 1980er Jahren, wo es ausreichte, die Schrecken eines Atomkrieges an die Wand zu malen, um Nachdenken zu erzeugen. Heute muss da sehr viel abstrakter argumentiert und nachgewiesen werden, dass Militär keine politischen Probleme lösen kann, was die bisherigen Kriege nur allzu deutlich zeigen. Da ist sehr viel Kopfarbeit gefragt, Emotion scheint weniger überzeugend zu sein. German Angst – dieses Phänomen der 1980er Jahre hat wohl ausgedient. Wird die alte und alt gewordene Friedensbewegung diese Probleme erkennen? Und wenn ja, wird sie mit ihren Argumenten bei den jüngeren Generationen Gehör und Verständnis finden? Werden diese so verschiedenen Generationen miteinander kommunizieren können?

Sicherlich wird es weiterhin die Friedensbewegung geben, sicherlich mit wechselnden Fragestellungen, Argumentationen und Aktionsformen, sicherlich auch mit wechselndem Einfluss. Inwieweit heute existierende Organisationsformen der Friedensbewegung auch künftig dazu gehören oder inwieweit sich völlig neue Formen herausbilden, wird sich zeigen müssen.

Heute vor 25 Jahren hat der Aachener Friedenspreis gezeigt, dass es in einer scheinbar ausweglosen Situation der Friedensbewegung einen genialen Ausweg gibt. Das gibt Hoffnung! Ob es in den nächsten Etappen einen veränderten Friedenspreis oder gänzlich andere Formationen der Friedensbewegung in Aachen und darüber hinaus geben wird, bleibt abzuwarten. Schon jetzt zeigen die neuen Medien wie Internet und Facebook eine neue Dynamik der friedenspolitischen Arbeit.

aixpaix.de: Ist der 25. Geburtstag des Aachener Friedenspreises für Sie ein Grund zu feiern?

Otmar Steinbicker: Auf jeden Fall und auch der 50. Geburtstag wird es sein, unabhängig davon ob es den Aachener Friedenspreis dann noch gibt oder nicht.

Broschüre: 20 Jahre Aachener Friedenspreis


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Krieg ist die ultima irratio

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Otmar Steinbicker