Otmar Steinbicker
Der Gedanke, dass Trump Herr über die Atomwaffen der USA werden könnte, ist unerträglich
Aachener Nachrichten, 08.03.2016

Otmar Steinbicker, Foto: Beate Knappe
Spätestens seit dem Super-Tuesday reagieren deutsche Politiker nervös auf die Vorstellung, der Multimilliardär Donald Trump könnte der nächste Präsident der USA werden. „Donald Trump ist in seiner Amtsführung unberechenbar“, warnte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU). In der Tat ist allein der Gedanke kaum zu ertragen, dass ein solcher Mann, der sich in den aktuellen Vorwahlkämpfen durch Hass und Unbeherrschtheit auszeichnet, einmal den roten Knopf für den Einsatz von Atomwaffen in den Händen halten könnte.
Dass ein Donald Trump überhaupt zu einem ernsthaften Kandidaten um die Präsidentschaft des noch immer mächtigsten Landes der Erde werden konnte, erscheint aus deutscher Sicht unbegreiflich. Diese Tatsache ist offensichtlich Ausdruck einer tieferen Krise, die die USA erfasst. In Krisenzeiten, in denen breite Bevölkerungsschichten stark verunsichert sind, ist der Wunsch nach einem „starken Mann“ nicht ungewöhnlich. Das kennen wir aus der deutschen Geschichte. Trump bedient diesen Wunsch.
Die tiefe Krise, die die USA erfasst hat, ist keine singuläre Krise, sondern der bereits in Gang gesetzte Abstieg der USA als alleinige Weltmacht. Dass große Reiche ihren Aufstieg, ihre Blütezeit und ihren Abstieg haben, kennen wir aus der Geschichte vom römischen Reich über das britische Empire bis zur Sowjetunion. Jetzt stehen die USA angesichts neuer aufstrebender Mächte vor allem China und Indien vor einem Abstieg in die multipolare Welt gleichberechtigter Mächte.
In einer solchen Situation ist vom künftigen Präsidenten Weitsicht und Umsicht gefragt, um den unausweichlichen Prozess so zu gestalten, dass er dem eigenen Land und anderen möglichst wenig Schaden zufügt und womöglich neue, andere Chancen eröffnet.
Der scheidende Präsident Barack Obama hatte im Laufe seiner achtjährigen Amtszeit die Erfahrung gemacht, dass die Kriege, die sein Vorgänger in Afghanistan und im Irak begonnen hatte, nicht zum Erfolg, sondern ins Desaster führten. Er beendete 2011 die Besetzung des Iraks und zog 2013 den größten Teil der Kampftruppen aus Afghanistan ab. Der unter seiner Präsidentschaft 2011 geführte Krieg in Libyen endete ebenso im Desaster wie die anderen Kriege und schufen Raum für die Ausbreitung des „Islamischen Staates“. 2013 entließ er Hillary Clinton, die diesen Krieg politisch mit vorbereitet hatte und ersetzte sie durch den Diplomaten John Kerry.
Obama glänzte mit wohlformulierten Ankündigungen wie dem Aufruf zur Abschaffung der Atomwaffen 2009, wirkte aber oftmals widersprüchlich, unentschlossen und gegen eine starke Opposition nicht durchsetzungsfähig. Seine Militärstrategie änderte er in den letzten Jahren etwa halbjährlich. Seinen groß angekündigten Einsatz zum Klimaschutz stoppte Anfang Februar das Oberste Bundesgericht.
Isolieren sich die USA?
Es ist selbstverständlich das souveräne Recht der US-Bürger ihr Staatsoberhaupt zu wählen. Die Folgen der künftigen Politik aber tragen nicht nur die USA, sondern die ganze Welt. Dessen müssen sich die USA und auch die Welt bewusst sein. Und auch Europa und Deutschland kann es nicht gleichgültig sein, welche Außenpolitik im Weißen Haus gemacht wird.
Sollten Trump oder sein republikanischer Mitbewerber Ted Cruz zum Präsidenten gewählt werden, dürfte das zur Isolierung der USA führen. Das kann in niemandes Interesse sein. Daher ist es überaus wichtig, schon jetzt die Ebenen zu stärken, die eine Einbindung der USA gemeinsam mit anderen Staaten ermöglichen.
Eine der wichtigsten Ebenen ist dabei die der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). In diesem einzigartigen Dialogforum sind alle europäischen Staaten und als Relikt des alten Ost-West-Konfliktes auch die USA und Kanada vertreten. Von hier aus können wichtige neue, dringend benötigte Handlungsperspektiven eröffnet werden, auch für eine Verständigung mit Russland und eine stärkere Einbindung dieses Landes. Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz der OSZE inne und kann damit Impulse setzen.
Otmar Steinbicker ist Herausgeber des Aachener Friedensmagazins www.aixpaix.de. Seine Beiträge finden Sie hier