Otmar Steinbicker
Fridays for Future: Endlich haben wir eine „Generation Hoffnung“!
Aachener Nachrichten, 30.03.2019
Die freitäglichen Demonstrationen der Schülerinnen und Schüler haben ein Thema deutlich in die öffentliche Debatte eingebracht: die Problematik des Klimawandels. Dieser hat vielfältige Aspekte und auf jeden Fall auch sicherheitspolitische. Wenn wir die ernsthaften Bedrohungen untersuchen, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, dann gehören dazu auch die absehbaren Folgen des Klimawandels. Dazu gibt es eine Vielfalt wichtiger Studien unterschiedlicher nationaler und internationaler Institute, Regierungsstellen und auch militärischer Einrichtungen.
So hatte das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr in Euskirchen bereits 2014 eine solche Studie unter dem Titel „Globale Umweltprobleme als Sicherheitsrisiko“ erstellt. Sehr deutlich liegt hier die Perspektive auf durch den Klimawandel erzeugte Probleme, die regionale Konflikte verschärfen und die Migration auch nach Europa verstärken können. Von militärischen Maßnahmen oder einer Rolle, die die Bundeswehr bei diesem wichtigen Thema spielen könnte, ist in dieser Studie nicht die Rede!
Im Weißbuch der Bundeswehr 2016 wird der Klimawandel ebenfalls als Problem aufgezählt, tiefere Analysen oder Aussagen zur Rolle des Klimawandels für die künftige deutsche Verteidigungspolitik sucht man allerdings vergebens.
Für das Pentagon stellt sich die Problematik des Klimawandels sehr viel dramatischer, weil sie zugleich die eigenen Militärbasen betrifft. So heißt es in der Studie „Climate Change Adaptation Roadmap“ vom Juni 2014: „Unser erster Schritt bei der Planung für diese Herausforderungen besteht darin, die Auswirkungen des Klimawandels auf das Ministerium mit konkreten und spezifischen Messgrößen unter Verwendung der besten verfügbaren Wissenschaft zu identifizieren. Wir sind fast fertig mit einer Basisuntersuchung, um die Anfälligkeit der mehr als 7000 Stützpunkte, Anlagen und anderen Einrichtungen unseres Militärs zu beurteilen. An Orten wie der Region Hampton Roads in Virginia, die die größte Konzentration an US-Militärstandorten der Welt beherbergt, sehen wir heute immer wiederkehrende Überschwemmungen, und wir beginnen mit der Arbeit an einem prognostizierten Anstieg des Meeresspiegels von 1,5 Fuß (ca. 45 Zentimeter) in den nächsten 20 bis 50 Jahren.“
Wenn allein durch den zu erwartenden Anstieg des Meeresspiegels in den nächsten 20-50 Jahren rund 7000 Militäreinrichtungen der USA ausfallen, dann ist die Einsatzfähigkeit der US-Armee ernsthaft bedroht. Heute, fünf Jahre später und unter dem Eindruck des abschmelzendes Eises bei Grönland dürfte diese Einschätzung eher noch dramatischer ausfallen.
In einer aufwühlenden Rede Ende August 2015 verglich US-Außenminister John Kerry die Gefahr des Klimawandels für den Planeten mit jener, die 1940 von Hitler ausging. Damit machte er deutlich, dass ein Problem in den Größenordnungen des Zweiten Weltkrieges auch mit einem vergleichbaren finanziellen Aufwand an Anstrengungen angegangen werden muss.
Wenn wir uns die Unwettererfahrungen der letzten Monate ansehen, dann wird auch klar, dass wir neben politischen Entscheidungen für eine nachhaltige Energiewende auch eine deutliche Aufstockung an qualifiziertem Personal beim Technischen Hilfswerk (THW) und bei den Rettungsdiensten benötigen. Solche Teams mit entsprechendem Gerät könnten wir auch gerne in Auslandseinsätze schicken, in andere Länder und Kontinente, die akut unter den Folgen des Klimawandels leiden.
Wenn wir den Bedrohungen unserer Sicherheit durch den Klimawandel angemessen begegnen wollen, dann können wir uns womöglich Militär nicht mehr leisten!
Otmar Steinbicker ist Herausgeber des Aachener Friedensmagazins www.aixpaix.de. Seine Beiträge finden Sie hier