Otmar Steinbicker
Zäh, schwierig, aber letztlich erfolgreich: Zusammenarbeit im UNO-Sicherheitsrat zahlt sich aus
Aachener Nachrichten, 16.07.2015

Otmar Steinbicker, Foto: Beate Knappe
Nach 13 Jahren ist endlich der Streit um das iranische Atomprogramm beigelegt und die Welt kann ein wenig aufatmen.
Ob der Iran jemals Atomwaffen produzieren wollte oder nicht, wird sich womöglich niemals zweifelsfrei klären lassen. Ein forciertes Programm für Atomwaffen hätte wohl anders ausgesehen, ein eindeutiges Nein zu Atomwaffen zweifellos auch.
Eine der Tücken lag in den Bestimmungen des 1970 in Kraft getretenen Atomwaffensperrvertrages. Dieser gestattet den Mitgliedsstaaten explizit die zivile Nutzung und Weiterentwicklung der Atomenergie. Dazu gehört auch die problematische Urananreicherung, die nicht nur zivil, sondern auch zur Herstellung von atomwaffentauglichem Uran genutzt werden kann.
Zahlreiche Staaten setzten vor 1970 auf die gesamte Palette der Atomenergie, nicht zuletzt um zumindest die Option auf eine eigene Herstellung von Atomwaffen zu haben. Auch die Bundesrepublik gehörte dazu und in Gronau wird seit langem Uran angereichert – übrigens nach dem gleichen Zentrifugenverfahren, das im Iran genutzt wird. Jetzt soll diese Firma verkauft werden. Heißt das, dass demnächst Privatanleger, die genügend Geld aufbringen, ihre private Atomwaffen in Deutschland basteln dürfen? Natürlich nicht!
Dagegen stehen strikte Kontrollen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), die die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrages und im konkreten Fall Höchstgrenzen für die Urananreicherung überwacht. In dieser Hinsicht gab es zu keiner Zeit Vorwürfe gegen Deutschland. Iran sperrte sich bis vor kurzem gegen wirksame Kontrollen. Dieses Problem ist jetzt vom Tisch. Die Befürchtung, eine vorhandene Urananreicherungs-Anlage könne dennoch eines Tages womöglich zur Produktion hochangereicherten, atomwaffentauglichen Urans genutzt werden, mag man haben – sowohl im Hinblick auf den Iran wie auf Deutschland – solange diese Anlagen existieren.Für die internationale Diplomatie, die zu Recht das Abkommen mit dem Iran als einen Durchbruch feiert, stellen sich jetzt unter neuen Bedingungen neue Aufgaben. Österreichs Bundespräsident Dr. Heinz Fischer äußerte sich sehr präzise: „Das Ziel der internationalen Staatengemeinschaft muss nun sein, in der gesamten Region Massenvernichtungswaffen zu beseitigen. Österreich wird sich dafür stark machen.“
Bisher besitzt in der Region ausschließlich Israel schätzungsweise 200 einsatzfähige Atomwaffen. Israel ist dem Atomwaffensperrvertrag bisher nicht beigetreten und unterliegt daher nicht den Bestimmungen.
Über die Frage der Atomwaffen hinaus eröffnen sich jetzt weitere Möglichkeiten. Der Iran ist als eine der Konfliktparteien an den Kriegen in der Region beteiligt: im Irak, in Syrien, im Jemen und auch in Afghanistan. Wenn es für diese Kriege jemals diplomatische Lösungen geben soll, dann muss auch der Iran neben anderen Beteiligten mit an den Konferenztisch. Das wäre mit einem diplomatisch isolierten Iran kaum denkbar. Dass sich jetzt einige Regierungen, so in Israel und Saudi-Arabien, mit diplomatischen Perspektiven schwer tun, ist Teil der Problematik.
Eine andere Dimension zeigt das Format der zähen und schwierigen, aber letztlich erfolgreichen Iran-Verhandlungen. Möglich wurde der Erfolg nicht zuletzt, weil hier die fünf ständigen Mitglieder des UNO Sicherheitsrats USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich zusammen mit Deutschland und der EU-Kommission und gemeinsam mit dem Iran eine Lösung suchten und fanden.
Diese Zusammenarbeit vor allem zwischen den USA, Russland und China ist eine Grundvoraussetzung für die Suche nach Lösungen bei komplizierten internationalen Konflikten. Selbstverständlich müssen im konkreten Fall auch andere Vermittler, vor allem aber die Konfliktparteien selbst in die Lösungssuche eingebunden sein.
2013 zeigte sich in einer solchen Zusammenarbeit ein Erfolg bei der Vernichtung der syrischen Giftgas-Bestände. Jetzt gibt es den Erfolg in der iranischen Atomfrage. Mit dem „Islamischen Staat“, Afghanistan und der Ukraine warten weitere Probleme auf eine Lösung.