Andreas Buro
Am 1. Januar 2016 eröffnet eine Bank – aber was für eine!
20.11.2015
Die 1965 gegründete Asiatische Entwicklungsbank (ADB), die traditionell unter japanischem Vorsitz steht, veröffentliche eine Schätzung, wonach die Region in den nächsten zehn Jahren eine Investitionssumme für Infrastrukturen von 8000 Milliarden Dollar benötigt, um das Tempo des wirtschaftlichen Wachstums aufrecht zu erhalten.1 Eine schwer vorstellbare Dimension, doch diese soll jetzt in Dimension und politischer Bedeutung noch übertroffen werden.
Am 1. Januar 2016 sollen die Schalter der „Asiatischen Infrastruktur- und Investmentbank“ (AIIB) in Peking eröffnet werden. Peking hatte viele Staaten zur Teilname aufgefordert. Viele haben sich auch positiv dazu verhalten. China verfügt über 26,1 Anteile der Stimmen, die restlichen asiatischen Staaten halten 33,8. Das Ziel der neuen Bank scheint die infrastrukturelle Entwicklung des riesigen mittelasiatischen Raumes zu sein. Von ihm behauptete einmal der berühmte und höchst einflussreiche US-Stratege Zbigniew Brzezinski, wer Mittelasien beherrsche, könne die ganze Welt beherrschen. Wie dem auch sei, die neue Bank ist ein Unternehmen von weitreichender strategischen Bedeutung in der aufkommenden multipolaren Welt und stellt gleichzeitig eine enorme Herausforderung an die USA dar, die noch immer an ihrer Vorstellung von den USA als der unipolaren Weltmacht festhalten möchten.
Das Erstaunliche ist, dass europäische Staaten insgesamt den großen Betrag von 21,8 Anteilen an der AIIB halten. Deutschland steht mit 4,5 Prozent an 5. Stelle der einzelnen beteiligten Staaten.
Die britische Regierung, die als erste europäische Bank beitrat, wurde von den USA heftig kritisiert. Die USA und Japan traten der AIIB nicht bei. Sie verstehen die Neugründung durch Peking als Konkurrenz zu den bestehenden und vom Westen dominierten Institutionen von Weltbank, Internationalem Währungsfond und ADB.
Ich verstehe den Beitritt der europäischen Staaten nicht als kurzfristiges nur ökonomisches Kalkül – das mag auch eine Rolle spielen – sondern als eine Demonstration ihrer Bereitschaft, sich auf die sich unaufhaltsam herausbildende multipolare Weltgesellschaft einzulassen.
Deutschland befindet sich in einer zwiespältigen Situation. Es möchte einerseits nicht die militärische Rückendeckung durch die USA verlieren, sich aber auch nicht als „Williger“ in die aggressive Politik der USA einbinden lassen. Deutschland kann keine eigenständige Imperialpolitik betreiben, wie manche vermuten. Dies auch nicht gemeinsam mit den anderen EU-Staaten. Dazu sind sie in jeder Hinsicht viel zu schwach.
Ihre Zukunft liegt in der Förderung einer multipolaren Kooperation. Aufgrund seiner erstaunlich großen Reputation könnte Deutschland einen großen Beitrag in dieser Hinsicht leisten.
Diese Orientierung ist allerdings in der deutschen Politik durchaus noch umstritten. Da gibt es die militärorientierten Kräfte, aber auch die wirtschaftlich orientierten. Dies bedeutet keineswegs, dass Letztere pazifistisch gesonnen wären, aber eben auch nicht bellizistisch. Der Beitritt Deutschlands zur AIIB signalisiert für mich, dass diese Kräfte erstarken. Für die Friedensbewegung gilt es nun, sie zu unterstützen. Das bedeutet nicht, auf pazifistische Kritik zu verzichten.
Andreas Buro ist Autor des Aachener Friedensmagazins aixpaix.de. Seine Beiträge sehen Sie hier